Hafer: glutenfrei oder nicht?
Wer als Betroffene*r von Zöliakie oder anderer Glutenunverträglichkeit im Supermarkt einen Bogen um Haferflocken gemacht hat, liegt damit grundsätzlich richtig. Denn die normalen sind für Menschen, die konsequent auf Gluten verzichten tabu. Trotzdem gibt es in vielen Geschäften auch glutenfreie Haferflocken. Aber wie kann ein und dasselbe Getreide mal glutenhaltig und mal glutenfrei sein?
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Es geht mal wieder um die genauen Grundstoffe
Gluten ist eine Sammelbezeichnung für den wasserunlöslichen Proteinkomplex, der im Mehlkörper bestimmter Getreidesamen die Stärkekörner umgibt. Es besteht aus zwei Hauptfraktionen, den Prolaminen und den Glutelinen (mehr dazu auch hier). Auch in Hafer sind diese beiden Fraktionen enthalten. Welche Prolamine und Gluteline das genau sind, hängt immer von der Getreidesorte ab. Das Prolamin im Weizen heißt zum Beispiel Gliadin, das im Hafer Avenin. Welche Prolamine und Glutelinen nun enthalten sind, ist entscheidend für die Verträglichkeit. Denn auch Reis und Mais enthalten diese Stoffe – und trotzdem sind sie auch für Betroffene von Zöliakie und anderen Gluten-Unverträglichkeiten bekömmlich.
Nun enthält Hafer zum einen viel weniger Prolamine als zum Beispiel Weizen (hier heißt es, Hafer enthält 1,6 auf 100 Gramm, Weizen hingegen 6 pro 100 Gramm). Zum anderen ist das Prolamin Avenin auch für Zöliakieerkrankte besser verträglich. Im oben verlinkten Artikel des „Verbands für Unabhängige Gesundheitsberatung“ heißt es dazu:
„Noch ist nicht genau bekannt, welche Fraktion des Prolamins für die Schädigung der Darmschleimhaut verantwortlich ist. Zwei Sequenzen mit jeweils vier Aminosäuren stehen im Verdacht, Zöliakie auszulösen. Das Gliadin des Weizens enthält beispielsweise fünf dieser Sequenzen, das Avenin des Hafers nur zwei.“
Grundsätzlich weist das darauf hin, dass Hafer eigentlich auch für Menschen mit Zöliakie in Ordnung wäre – zumindest in bestimmten Mengen. Doch jetzt kommt das Aber.
Warum kann ich mit Zöliakie trotzdem keine normalen Hafer-Produkte essen?
Denn die normalen Haferflocken sind für eine glutenfreie Ernährung nicht geeignet. Klassisches Problem: Kontamination. Schon beim Anbau kommt Hafer häufig mit glutenhaltigen Getreidesorten in Kontakt – etwa wenn auf dem Feld nebean Weizen angebaut wird. Auch bei der Lagerung und Verarbeitung zu Flocken und Mehl passiert es häufig, dass der eigentlich glutenfreie oder -arme Hafer durch glutenhaltiges Getreide verschmutzt wird. Deshalb sollten die, die kein Gluten vertragen besser nur auf als glutenfrei gekennzeichnete Produkte setzen.
Auch die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft (DZG) hat dazu Stellung bezogen. In ihrer Stellungnahme heißt es: „Hafer aus dem herkömmlichen Sortiment weist eine sehr starke Verunreinigung mit Weizen oder Gerste auf, sodass diese Produkte für den Verzehr durch Zöliakie-Betroffene nicht geeignet sind.“ Seit März 2016 vergibt die DZG das Symbol mit der durchgestrichenen Ähre auch für glutenfreie, nicht-kontaminierte Haferprodukte.
Glutenfreie Haferprodukte langsam in die Ernährung einführen
Die DZG gibt in ihrer Stellungnahme aber noch einen weiteren Hinweis zum Thema. Demnach sollten Zöliakie-Betroffene sich eher langsam an glutenfreie Haferprodukte gewöhnen – und auch vorher schon weitgehend symptomfrei sein. So lasse sich besser feststellen, ob der Hafer unerwünschte Nebenwirkungen auslöst.
Hersteller klären über Hafer auf
Glutenfreie, nicht-kontaminierte Haferprodukte gibt es von verschiedenen Herstellern, wie etwa Kölln-Flocken, Bauckhof-Mühle, Hammer Mühle oder Alnavit. Unter den Links sind Infos auf den Seiten der Hersteller zum Thema glutenfreier Hafer hinterlegt. Leider sind etwa glutenfreie Haferflocken – wie so oft – eine ganze Ecke teurer, als die gewöhnlichen.
Wie man auf dem Foto rechts sehen kann, kosten die glutenfreien Haferflocken von Kölln mehr als das Doppelte der normalen.
Haferflocken kosten bei Aldi 0,98 Euro für ein Kilo, in Bio-Qualität 1,90 Euro. Bei den glutenfreien Anbietern (nur eine Auswahl) sehen die Kilopreise so aus:
- Kölln: 5,58 €
- Hammer Mühle: 3,98 €
- Bauck: 5,87 €
- Alnavit: 5,53 €
Hier kann es sich also für alle, die gern Haferflocken verwenden, lohnen, auf Angebote oder Aktionen zu achten.
Warum der ganze Stress - es geht ja auch ohne, oder?
Nun könnte man meinen, es wäre einfacher, ganz auf Hafer und Haferprodukte zu verzichten. Da würde einem aber doch etwas entgehen. Denn Haferflocken zum Beispiel gelten als sehr gesund – etwa, weil sie viele Ballaststoffe enthalten. Eatsmarter erklärt in einem Artikel auch, dass Haferflocken Antioxidantien enthalten und den Cholesterinspiegel senken können.
Ich benutze sie außerdem gern zum Backen – zum Beispiel für Brot. Sie haben einen klebrig-bindenden Effekt und kaum Eigengeschmack, der stören könnte. Außerdem werden sie in Form von Porridge oder kalten Overnight Oats zu einem tollen Frühstück, das man jeden Tag wieder etwas anders gestalten kann.
Kleiner Zusatz: Was ist eigentlich mit Hafermilch?
Die Antwort hierauf ist: Nicht alle! Der Hersteller veganer Milchalternativen „Provamel“ schreibt in seinen Häufig gestellten Fragen „Alle unsere Produkte, außer unseren Haferprodukten, sind glutenfrei.“
Bei Alpro ist in den FAQ zu lesen: „Außer den Haferdrinks und der Alpro Soja-Joghurtalternative Natur mit Hafer sind alle Alpro Produkte weizen- und glutenfrei. Diese Angabe finden Sie auch auf allen Verpackungen.“
Ähnlich ist es bei der Firma „Oatly„. Hier heißt es:
„…wir garantieren, dass alle unsere Produkte weniger als 100 ppm (mg/kg Produkt) Gluten enthalten. Das ist mit der Produktkennzeichnung „sehr geringer Glutengehalt“ vergleichbar (…) Die Kennzeichnung „glutenfrei“ darf nur auf Produkten verwendet werden, die nicht mehr als 20ppm Gluten enthalten und ganz so niedrig ist der Glutengehalt unserer Produkte eben nicht.“
Allerdings gibt es auch Hersteller, die glutenfreie Hafermilch anbieten, wie etwa Kölln oder Natumi.