Glutenfreie Brot-Experimente mit Sauerteig
Was, wenn nicht jetzt? – das dachte ich mir, als ich vor kurzem auf jede Menge Brotrezepte bei Instagram gestoßen bin. Keine Sorge – das wird kein Text darüber, wie produktiv wir doch alle in dieser seltsamen Zeit von Corona und Zuhausebleiben sein können. Und trotzdem: Wann sonst bin ich so viel zuhause, kann ich mir für solche Dinge Zeit nehmen? Deshalb bin ich vor ein paar Wochen ins Brotbacken eingestiegen. Und werde wohl nicht mehr aussteigen.
Inhalt
Ich wollte schon länger mal mein eigenes Brot backen
Dass ich das schon länger mal ausprobieren wollte, hat aber mehrere Gründe. Zum einen bin ich Anfang März umgezogen und habe den Laden mit meinem liebsten glutenfreien Brot nicht mehr so nah dran. Außerdem habe ich schon sehr früh versucht, so wenig wie möglich rauszugehen, wollte mir also auch Einkaufs-Ausflüge so weit wie möglich sparen. Zum anderen war ich mit meiner Brotsituation schon länger nicht ganz glücklich.
Es gibt leckere glutenfreie Brote – keine Frage. Allerdings nicht immer in der Nähe. Das hat dazu geführt, dass ich zuletzt immer öfter die abgepackten Varianten aus dem Supermarkt gekauft habe. Und die sind nicht nur teuer, sondern eben auch nicht frisch und zum Teil voll mit allerlei Zutaten, die ich noch nichtmal aussprechen kann. Viele schmecken sehr süß und immer das gleiche Brot wird mir auch irgendwann langweilig.
Eine kleine Wissenschaft - zumindest am Anfang
Nicht falsch verstehen. Ich verzichte nicht vollständig auf abgepacktes Brot oder Brötchen. Natürlich sind die superpraktisch: wenn man dann doch mal weniger Zeit hat oder Brot für einen bestimmten Zweck braucht – wie Burgerbrötchen oder Baguette. Was aber mein morgendliches Frühstücksbrot oder die Scheibe zum Abendessen angeht, sticht das selbstgebackene Brot das gekaufte einfach aus.
Und dabei braucht es für selbstgebackenes Brot weder besondere Zutaten noch viel Equipment. Ich vermute mal, dass jede*r, der*die auch sonst kocht und backt alles zuhause hat, was dafür gebraucht wird. Zeit muss man besonders am Anfang einrechnen. Hat man erstmal einen Back-Rhythmus gefunden, sind es jedes Mal nur ein paar Handgriffe.
Der erste Schritt - drei Tage vor dem ersten Brot
Sauerteig hat mich früher oft abgeschreckt. In verschiedenen Rezepten habe ich gelesen, man hole sich den Ansatz am besten beim Bäcker des Vertrauens. Für Glutenverzichter*innen natürlich eher schwierig. Dabei kann man Sauerteig auch ganz einfach selbst zuhause ansetzen. Die Inspiration und Mengenangaben dazu habe ich übrigens von Lenas glutenfrei über Instagram. Dort hat sie eine schöne Schritt-für-Schritt-Anleitung in ihren Stories gegeben.
Alles was man dafür braucht ist ein großes, sauberes Glas – es sollte etwa einen Liter fassen.
Außerdem 200 Gramm (glutenfreies) Mehl deiner Wahl und etwa 250 Milliliter lauwarmes Wasser.
Für mein erstes Brot habe ich Teffmehl verwendet. Das werde ich in Zukunft nicht mehr tun – der Sauerteig hat so wirklich gar nicht gut gerochen, obwohl er nicht verdorben war. Mittlerweile nehme ich immer Reisvollkornmehl – entweder pur oder mit Maismehl gemischt. Viele verwenden auch Buchweizen – das mag ich persönlich vom Geschmack nicht so. Aber keine Sorge – du kannst dich beim Mehl immer wieder neu entscheiden.
Die beiden Zutaten jetzt in dem Glas vermischen und an einen ruhigen Ort stellen. Bei mir war das die Vorratskammer – dort ist es durchschnittlich warm, weil wir oft die Tür öffnen, kommt auch mal ein Luftzug rein. Trotzdem steht der Ansatz dort nicht im Weg.
Das Gemisch bleibt hier drei Tage lang stehen – jeden Tag musst du morgens, mittags und abends ein bisschen umrühren.
Hier sieht man schon, was dann passiert: Der Sauerteig fängt an zu arbeiten und es bilden sich kleine Bläschen. Deshalb muss auch das Glas groß genug sein – es kann sein, dass er irgendwann mehr Platz braucht. Auf dem mittleren Bild musste ich mir mit einem zweiten Glas helfen und ihn aufteilen.
Kleiner Exkurs: wenn die Hefe fehlt
Das hat mich während Corona ein bisschen kalt erwischt. Ich war nicht davon ausgegangen, dass irgendwann frische Hefe absolut nirgendwo mehr zu bekommen sein wird. Aber auch dafür gibt es eine Lösung. Stefanie von KochTrotz gibt auf ihrer Seite und auch auf Instagram eine einfache Erklärung, wie man eigene Hefe herstellen kann – oder besser Hefewasser.
Ich habe mich für eine Apfel-Variante entschieden. Dafür habe ich:
- 150 Gramm frischen Apfel
- 600 Milliliter lauwarmes Wasser
- 25 Gramm Rohrohrzucker
In einer Flasche gemischt. Schütteln, bis der Zucker sich aufgelöst hat und mit leicht aufgeschraubtem Deckel ebenfalls an einen ruhigen Ort stellen. Jeden Tag solltest du drei bis sechsmal die Gase rauslassen, zudrehen und ordentlich schütteln, dann wieder aufdrehen.
Wenn du das Brot mit Sauerteig und eigener Hefe machen willst, solltest du der Hefe sogar noch etwas mehr Zeit geben, als dem Teig – also rechtzeitig anfangen. Das Hefewasser braucht etwa zwei bis fünf Tage, außerdem solltest du dann zwölf Stunden vor dem Backen einen Vorteig ansetzen, weil die wilde Hefe im Teig nicht so schnell geht, wie die gekaufte.
Das klingt jetzt alles schon wieder komplizierter – wenn du noch Hefe (trocken oder frisch) hast und dich erst langsam herantrauen willst, kannst du mit Hefe-Experimenten ja noch ein wenig warten.
Falls du es ausprobieren willst, schiebe vor dem nächsten noch einen weiteren Schritt ein: den Vorteig. Die Zutaten dafür passt du an dein Gesamt-Brotrezept an – du nimmst ein Viertel vom Gesamt-Mehl, die in den Brotteig kommt und genauso viel oder etwas mehr Hefe-Wasser.
Benutzt du mein Rezept hier, machst du den Vorteig so:
- 70 Gramm Mehl-Stärke-Gemisch – zum Beispiel 35 Gramm Reismehl und 35 Gramm Maisstärke, oder 70 Gramm Mehlmix universal. Je nachdem, welche Mehle du verwenden willst.
- 100 Milliliter Hefewasser
Beides vermischen und irgendwo ruhig und warm für 12 Stunden stehen lassen.
Der zweite Schritt - das erste Brot
Jetzt geht es endlich ans Mischen und Backen. Ich habe die Zutaten immer wieder ein bisschen abgewandelt, anders kombiniert und herumprobiert. Gerade das fand ich aber auch so interessant am Brotbacken. Gut geschmeckt hat es mir immer, mit ein paar Veränderungen konnte ich aber immer wieder ein bisschen abwandeln. Das Grundrezept – also das grundsätzliche Mengenverhältnis – habe ich übrigens von Tanja’s glutenfreiem Kochbuch, vermischt mit dem Rezept von Lenas glutenfrei. Und eben, wie gesagt, etwas verändert.
Das brauchst du für deinen Teig:
- deinen fertigen Sauerteig
- 180 Gramm Stärke – zum Beispiel Mais-, Reis- oder Kartoffelstärke
- 100 Gramm glutenfreies Mehl – zum Beispiel Reis-, Mais- oder Buchweizenmehl. Du kannst auch verschiedene Sorten mischen. Wenn ich Mehlmix verwendet habe, habe ich meistens etwas mehr davon und etwas weniger Stärke genommen – denn da ist ja auch Stärke drin
- 1 Esslöffel Flohsamenschalen
- 2 Teelöffel Salz – ich bin mittlerweile auf Kräutersalz umgestiegen
- 1 Teelöffel Zucker – ich nehme Rohrohrzucker
- 1/2 Würfel frische Hefe
- 1 Teelöffel gemahlener Kümmel – keine Sorge, er wird nicht zu dominant
- 200 bis 250 Milliliter lauwarmes Wasser
Magst du ein paar Körner oder Leinsamen im Brot? Oder schmecken dir noch andere Gewürze? Hier kann man einfach ein bisschen ausprobieren.
Solltest du dich für die Variante mit Hefewasser entschieden haben, musst du die Zutaten, die schon in deinem Vorteig gelandet sind, abziehen. Also 100 Milliliter Wasser und 70 Gramm Mehl und Stärke weniger. Die gekaufte Hefe lässt du dann natürlich weg – offenbar verträgt sich die wilde Hefe auch nicht so gut damit, also nicht beide Arten in einem Teig mischen.
UPDATE: Mittlerweile mache ich es etwas anders. Ich verwende:
- natürlich den fertigen Sauerteig – mittlerweile achte ich aber darauf, dass es etwa 350 Gramm sind, sodass auch die Verhältnisse stimmen
- etwa 120 Gramm Stärke
- etwa 180 Gramm Mehle – gerne selbstgemahlen, zum Beispiel aus Haferflocken, Quinoa oder Linsen und nicht unbedingt nur eine Sorte, sondern eine Kombi
- 2 EL Flohsamenschalen
- 2 TL Salz oder Kräutersalz
- eher nur eine Prise Zucker
- 1/2 Würfel frische Hefe oder 2 TL Trockenhefe
- 1 TL gemahlener Kümmel
- 300 Milliliter lauwarmes Wasser – das teile ich aber auf zwei Schalen auf und löse in der einen die Flohsamenschalen und in der anderen die Hefe auf
GANZ WICHTIG: Wenn du vorhast, demnächst wieder Brot zu backen, nimm als erstes etwa vier Esslöffel von deinem Sauerteig weg und stelle ihn in einem Glas mit Deckel in den Kühlschrank. Dann geht es beim nächsten Mal schneller – mehr dazu weiter unten.
Dann geht es ans Vermischen. Ich mische immer als erstes die trockenen Zutaten locker mit der Hand und gebe dann alles feuchte dazu. Verwendest du gekaufte, frische Hefe, löse die zuerst im Wasser auf.
Jetzt ist alles eine Frage der Konsistenz. Wenn du schonmal einen glutenhaltigen Brotteig gesehen oder geknetet hast, solltest du nicht damit rechnen, dass dieser hier genauso wird. Du solltest ihn ein ganzes Stück feuchter halten. Für mich war der Maßstab meist, dass er so sein sollte, dass ich ihn mit der Hand aus der Schüssel nehmen kann, allerdings nicht so, dass die Hände sauber und teigfrei bleiben.
Ist er so kompakt, dass ich ihn behandeln kann, wie einen glutenhaltigen, geht er – zumindest bei mir – meistens nicht richtig auf und bekommt später keine schöne Porung. Also lieber zu feucht als zu fest.
Jetzt muss der Teig gehen
Ist alles gut vermischt und du mit der Konsistenz des Teiges zufrieden, gib ihm etwa zwei Stunden Ruhe an einem warmen Ort. Bei meinen ersten Broten habe ich den Teig in meinem gusseisernen Topf gehen lassen. Darin habe ich ihn später auch gebacken. Allerdings habe ich fürs Gehen nicht den schweren Deckel draufgepackt, sondern ein Geschirrtuch.
Weil ich ja ein bisschen tiefer einsteigen wollte, wollte ich mir eigentlich ein Gärkörbchen zulegen. Das ist so ein runder oder länglicher Korb aus Rattan oder Peddigrohr. Der soll dem Teig eine schönere Form, zum Beispiel so kreisrunde Rillen geben. Allerdings habe ich beim Großsupermarkt in der Nähe keines bekommen und stattdessen eine Bambusschale besorgt. Das erste Brot damit ist viel schöner geworden als die vorherigen. Ist aber wirklich kein Muss – du kannst den Teig in einer normalen Schale oder der Form gehen lassen, in der du ihn später auch backen willst, zum Beispiel eine Kastenform. Verwendest du ein Gärkörbchen oder etwas ähnliches, solltest du ordentlich Mehl druntergeben, damit er nicht anklebt. Geschirrtuch drüber und Ruhe geben.
Hier sieht man den Teig in unterschiedlichen Behältern zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Gehens. Ich finde es immer superspannend, nach einer Weile mal nachzusehen und freue mich immer wie ein Kind, wenn er größer geworden ist.
+++ UPDATE +++
Nachdem meine Geh-Ergebnisse oft nicht so dolle waren, habe ich mir mittlerweile angewöhnt, den Teig immer im Ofen gehen zu lassen. Dazu schalte ich Umluft bei der niedrigsten Temperatur ein, die möglich ist (bei meinem Ofen sind das 80 Grad). Wenn das Vorheize-Lämpchen ausgeht, drehe ich die Temperatur aus und lasse statt Umluft nur noch die Ofenlampe an. Seit ich das so mache, geht der Teig viel besser hoch. Offenbar ist es in meiner Wohnung sonst überall zu zugig – ich habe davor wirklich schon viele andere Orte ausprobiert.
Dann geht es ans Backen
Erstmal den Ofen auf 250 Grad Umluft vorheizen. Nun ist die Frage, wie du dein Brot backen willst. Ich habe gelesen, dass die Variante mit dem gusseisernen Topf quasi idiotensicher ist – und ich hatte zufällig einen, den mir eine Kollegin vor ein paar Jahren geschenkt hat. Idiotensicher ist diese Variante deshalb, weil du mit Deckel backen kannst. So besteht nicht die Gefahr, dass er zu schnell zu viel Feuchtigkeit verliert.
Alternativ kannst du auch in der Kasten- oder Springform oder direkt auf dem Blech backen. Das habe ich bisher noch nicht ausprobiert, habe aber gelesen, dass du dann mit einem sogenannten Dampfstoß arbeiten sollst. Unter das Blech oder den Rost auf den du deine Form oder dein Brot direkt legst, schiebst du noch ein weiteres. Wenn du das Brot in den Ofen packst, gibst du in das zweite Blech ein kleines Glas Wasser und machst schnell die Ofentür zu.
Das Brot wird jetzt 30 Minuten bei 250 Grad und dann nochmal 30 Minuten bei 200 Grad gebacken. Benutzt du einen gusseisernen Topf mit Deckel so wie ich, kannst du den für die zweiten 30 Minuten abnehmen.
Ob das Brot fertig ist, stellst du fest, indem du auf die Kruste klopfst – es soll sich hohl anhören.
Der dritte Schritt - viele weitere Brote backen
Nachdem wir uns jetzt einmal etwas mehr Arbeit gemacht haben, wird es bei den nächsten Broten ein ganzes Stück entspannter. Denn jetzt musst du deinen Sauerteig nicht mehr über drei Tage reifen lassen – dafür hast du dir ja ein bisschen davon aufbewahrt.
Willst du ein neues Brot backen, mische etwa zwölf Stunden vorher – zum Beispiel am Vorabend:
- deinen Sauerteig-Rest
- 200 Gramm Mehl deiner Wahl
- 250 bis 300 Milliliter Wasser
Hier könntest du dich dann auch für eine andere Sorte Mehl entscheiden. Packe das Gemisch wieder in dein großes Glas und lasse es zwölf Stunden stehen. Dann kannst du wieder wie oben beschrieben einen neuen Teig herstellen. Denke auch hier dran, wieder vorher etwas vom Sauerteig wegzunehmen und aufzubewahren.
Wenn du mit Hefewasser backst, kannst du den Vorteig und den aufgefrischten Sauerteig gleichzeitig ansetzen. Jetzt musst du für jedes neue Brot also nur zwölf Stunden Sauerteig-Vorbereitung, eine Viertelstunde Teig mischen, zwei Stunden Gehzeit und eine Stunde Backzeit rechnen. Weil du davon nur etwa eine halbe wirklich aktiv sein musst, ist der Aufwand ab jetzt überschaubar, finde ich.