Die Siegel - und was sie bedeuten
Wer nach einer Diagnose eine glutenfreie Diät einhalten muss, braucht beim Einkauf am Anfang fast doppelt so lange – das berichtet Anett Ebock, Ernährungswissenschaftlerin bei der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft (DZG). Grund dafür ist, dass viele Zeit für das Lesen von Zutatenlisten brauchen. Praktischer sind da Produkte, die offen als “glutenfrei” deklariert sind. Dafür gibt es einige Kriterien.
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Egal welches Siegel - der Grenzwert für "glutenfrei" ist gleich
Was als glutenfrei markiert werden darf, ist gesetzlich geregelt. Ein glutenfreies Produkt darf höchstens 20 ppm Gluten enthalten (ppm bedeutet parts per million). Das heißt, dass weniger als 20 Milligramm Gluten pro Kilogramm Produkt drin sein dürfen. Die DZG selbst vergibt das Symbol mit der durchgestrichenen Ähre. Meistens ist es orange, die Farbe ist aber nicht festgelegt – auch in anderen Farben ist das Siegel gültig.
Wenn Hersteller wollen, dass auf ihre Packungen die durchgestrichene gedruckt wird, müssen sie der DZG eine Labor-Analyse der Produkte schicken, in der bescheinigt wird, dass der Grenzwert eingehalten wird. Diese Analyse wird auch regelmäßig wiederholt. Außerdem gehen Mitarbeiter der DZG an die Standorte und “auditieren” – das heißt, sie schauen sich an, wie die Produktion abläuft und wie Hersteller dafür sorgen, dass die Produkte auch wirklich glutenfrei sind.
Doch nicht nur das Symbol der DZG garantiert, dass Lebensmittel für eine glutenfreie Diät geeignet sind. Viele Hersteller nutzen eigene Symbole, oft steht auch einfach nur das Wort “glutenfrei” auf der Packung. “Dafür gelten die gleichen Vorgaben”, sagt Anett Ebock. Nur sind die Hersteller dann nicht der DZG, sondern amtlichen Behörden gegenüber zur Rechenschaft verpflichtet. Der Grenzwert ist aber der gleiche.
Meist findet man die Siegel nur auf verarbeiteten Produkten
Die Siegel werden meist nur für verarbeitete Produkte vergeben. Milch, Eier, Obst, Gemüse, rohes Fleisch und Fisch dürfen nicht mit damit gekennzeichnet werden. Auch das ist gesetzlich festgelegt. Demnach darf keine “Werbung mit Selbstverständlichkeiten” gemacht werden. Steht auf einer Packung Eier “glutenfrei” suggeriert das, dass in anderen Eiern Gluten enthalten sein könnte. Das sei irreführend, wurde geurteilt.
Manchmal kommt es aber vor, dass auf Produkten “von Natur aus glutenfrei” vermerkt ist. Das kann zum Beispiel bei Klebereis wichtig sein, denn der werde manchmal mit Weizen versetzt, um besser zu kleben, weiß Ebock.
Es geht auch über die Zutatenliste
Nun gibt es auch Produkte, auf denen weder explizit “glutenfrei” steht, noch sind sie unverarbeitet. Trotzdem können sie für eine glutenfreie Diät geeignet sein. Dann muss man eben doch die Zutatenliste studieren. Die Facebook-Gruppe “Zöliakie-Austausch”, zu der es auch eine Internetseite mit nützlichen Infos gibt, hat eine einfache Liste veröffentlicht mit Zutaten, auf die man achten muss.
Dort sind 15 “böse” Zutaten angegeben:
- Gluten
- Weizen/Weizenstärke
- Gerste/Gerstenmalz
- Roggen
- Hafer
- Dinkel
- Grünkern
- Einkorn
- Kamut
- Bulgur
- Emmer
- Triticale
- Weizeneiweiß
- Weizenkleber
- Seitan
Wer darauf achtet, dass die nicht in der Zutatenliste auftauchen, ist auf der sicheren Seite, so die Autoren. Hilfreich ist dabei, dass seit 2005 in der EU Zutaten, die Allergien auslösen können, besonders hervorgehoben werden müssen. Meist sind sie fett oder in Großbuchstaben gedruckt.
Was sind denn schon Spuren?
Die Autoren der Seite betonen auch immer wieder, dass man den Spurensatz einfach ignorieren soll. Also den Satz, der häufig nach der Zutatenliste steht und in dem es heißt: “Kann Spuren von … enthalten”. Auch Anett Ebock von der DZG sagt das. “Das ist eine leere Phrase”, sagt sie – wie wenn man auf einen Kaffeebecher schreibt “enthält ein heißes Getränk”. Denn: Was eine Spur ist, ist nicht definiert. Meist dient der Satz nur der Absicherung der Hersteller. Sollte jemand nach dem Essen Bauchschmerzen bekommen kann er so nicht sagen, er sei nicht informiert gewesen, dass da noch ein Überrest drin ist.
Manch einer begründet den Satz damit, dass am gleichen Herstellungsort auch glutenhaltige Produkte hergestellt werden – Stichwort Kontamination. So ein Satz, in dem auf Spuren hingewiesen wird, helfe dem, der eine Diät einhalten muss aber nicht weiter. Er sage nicht, ob man das Produkt bedenkenlos essen kann, oder nicht. Meist ist das wohl der Fall. “Das ist ein Riesenthema. Eigentlich müsste man diesen Satz verbieten”, sagt Ebock. Entweder es steht drauf, dass was drin ist – oder eben nicht. Der Satz sei eine Grauzone, ein Hintertürchen, das nur den Herstellern nützt.
Wer nun aber unsicher ist, ob er einem sehr empfindlichen Bauch ein Produkt mit Spurensatz zumuten kann, kann im Zweifelsfall beim Hersteller anrufen und konkret abklären, was im jeweiligen Fall gemeint ist.